Neuseeland

Auf unserm Flug nach Neuseeland überqueren wir im Pazifischen Ozean die Datumsgrenze. Verblüfft über die Tatsache, dass wir aus diesem Grund auf einen Schlag 23 Stunden verlieren, stellen wir unsere Uhren um. Wir liegen jetzt 12 Stunden vor Schweizer Zeit.

In Auckland, der weltbekannten Segelstadt auf der Nordinsel, erholen wir uns vom Jetlag. In der einzigen Millionenstadt des Landes lebt ein Drittel der neuseeländischen Bevölkerung. Nicht lange ist es her, da wurde hier letztmals im 2003 der America’s Cup ausgetragen. Doch wie wir alle wissen, hat Ernesto Bertarelli mit seinem Segelteam die weltweit älteste und angesehenste Sporttrophäe in die Schweiz geholt (der Captain ist übrigens Neuseeländer!). Sich in Auckland als Schweizer zu outen, würde sich daher als eher unklug erweisen. Segeln ist hier nämlich ein Nationalsport. Nichts desto trotz nutzen wir die ultimative Möglichkeit, etwas Wettkampfluft zu schnuppern. Am Viaduct Harbour schreibt sich Andreas für ein Rennen zwischen den ehemaligen Wettkampfyachten NZL40/41 ein. Unter dem Kommando von Profis absolviert er einen Teil der letzten America’s Cup Route.

„Die Fjorde Norwegens, die Vulkane Japans, die Regenwälder Afrikas und die Gebirge und Gletscher Nordamerikas“, mit diesem Satz wirbt ein neuseeländischer Reiseprospekt. Gerne verraten wir euch, was wir persönlich in Neuseeland alles entdeckt und erlebt haben. Zuerst aber ein kurzer Blick auf Neuseelands Geschichte und Geografie:

Die Maori, Neuseelands polynesische Urbewohner, besiedelten die neuseeländischen Inseln wahrscheinlich ab etwa 900 n. Chr. von Tahiti aus. Abel Tasman (1642) und James Cook (1769) entdeckten später die Doppelinsel für die abendländische Welt. Durch den Vertrag von Waitangi im Jahr 1840 wurde Neuseeland britische Kolonie. Besonders der Goldrausch in den 60er Jahren des 18 Jh. zog dann später viele Einwanderer an.

Die vielen europäischen Einwanderer, die im grossen Stil von Neuseeland Besitz ergriffen, haben das ursprüngliche Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur enorm verändert. In 150 Jahren haben sie die Inseln stärker verändert als die Urbewohner in den Jahrhunderten davor. So sind heute weite Teile der Nordinsel Weideland, das einst aus grossen Urwaldflächen für die allgegenwärtigen Schafe (17 pro Einwohner) gerodet wurde. Nur noch 5 % des ursprünglichen Waldbestandes sind erhalten geblieben.

Die extreme Nord-Südausdehnung Neuseelands über 13 Breitenkreise (entspricht ca. 1'500 km) ist verantwortlich für beträchtliche Temperaturunterschiede auf den Inseln und damit Ursache für verschiedene Klimazonen. Die Nordinsel ist geprägt durch ihre "dünne Haut" und weist zahlreiche Vulkane und Geysire auf. Die Südinsel ist von den neuseeländischen Alpen durchzogen und bietet überaus kontrastreiche Landschaften vom imposanten Gletscher bis hin zum tropischen Regenwald. Als wir unsere Reise im Norden antreten, ist es noch sommerlich warm. Auf unserer letzten Etappe auf der Südinsel sinken jedoch die Temperaturen bis 9° C. Die windigen und teils sehr regenreichen Küstenabschnitte zwingen uns warme Winterkleidung anzuziehen.

Zu Beginn unserer Reise wägen wir ab, ob wir uns ein Mietauto zulegen oder die Nord-Süd-Route mit dem Bus zurücklegen wollen. Unsere Berechnungen sprechen für einen Bus-Pass und so führt uns ein erster Ausflug mit der „InterCity Coachlines“ in den Norden nach Bay of Islands.

Hier im Norden begann damals durch den Vertragsschluss zwischen britischen Kolonialisten und den einheimischen Maori die Geschichte des neuseeländischen Staates, und hier verlassen nach alten Maori-Glauben die Seelen der Toten das Land. Zwischen Historie und Mythologie entdecken wir in Neuseelands mildester Klimazone noch eine Menge mehr: gewaltige Bäume im Puketi Kauri forest, weite Strände (auch wenn mit Sandflies, autsch!) und die idyllische Bay of Islands, welcher ungefähr 150 Inseln vorgelagert sind.

Am Cape Reinga mit dem Lighthouse treffen wir wohl auf einer der bekanntesten Wegweiser Neuseelands, der Distanzen zu einigen Grossstädten anzeigt. Bis London sind es 19'271 km! An diesem Ort berühren sich das Tasmanische Meer und der Pazifische Ozean.

Den anschliessenden Rückweg unserer Tagestour legen wir mit dem Bus entlang der „Ninety Mile Beach“ zurück. Unglaublich aber wahr: der Strandabschnitt ist offiziell Teil des staatlichen Highway-Netzes.

Weiter geht es nach Waitomo, was in der Maori -Sprache “Wasser” und “Loch” bedeutet. Dahinter verbirgt sich jedoch keine Kneipe, sondern ein riesiges Höhlensystem: die berühmten Waitomo Caves. Es handelt sich um eines der spektakulärsten und zugänglichsten Höhlensysteme Neuseelands. Wir nutzen das breite Programmangebot vor Ort und tragen uns für ein Abseiling in den „Haggas Honking Holes“ ein. Im unterirdischen Flusssystem seilen wir uns ab. Der Trip durch niedrige Wasserfälle, weit verzweigte Höhlensysteme und wunderschöne Tropfsteinformationen machen unseren Höhlenausflug zu einem besonderen Erlebnis. Schmale Tunnelgänge und glitschige Felsen fordern uns heraus. Stellenweise müssen wir uns durch das 12° C kalte Wasser robben. Trotz des isolierenden Neoprenanzugs bekommen wir ganz schöne Gänsehaut. Doch das Naturphänomen „Glühwürmchen“ entschädigt für unsere Strapazen. In absoluter Dunkelheit sitzen wir in einer kleinen Höhlenkammer und bewundern Tausende von Glühwürmchen, die einen Sternenhimmel an die Felswand zaubern.

Rotorua, die kleine Stadt im Herzen der Nordinsel ist Hochburg der Maori-Kultur. Der Ort ist umgeben von Geysiren und heissen Quellen. Dem dicht unter der Erdoberfläche befindlichen heissen Magma verdankt die Gegend ihre zahlreichen Geothermalfelder. An vielen Stellen steigt heisser Dampf aus Erdspalten, Geysire schiessen ihre Fontänen hoch in die Luft und Schlammlöcher brodeln. Über allem schwebt ein starker Geruch nach faulen Eiern. Während Jahrhunderten lebten die Ureinwohner mit den heissen Quellen, heute vermarkten sie sie nach allen Regeln der Kunst.

Im „Polynesian Spa“ lassen wir uns im klassischen Stil verwöhnen. Bei Schlamm- und Honigmasken, erholsamen Massagen sowie einem heissem Schwefelbad tanken wir neue Energie.

Im Kiwi-Artenschutzzentrum machen wir uns auf die Spuren der flugunfähigen Vogelart, welche nur in Neuseeland und auf angrenzenden kleinen Inseln vorkommt. Der Kiwi steht unter strengem Artenschutz, nachdem der Bestand im 19. Jahrhundert durch den Handel mit seinen Federn und durch eingeschleppte Raubtiere stark reduziert wurde.

Neuseelands erste Siedler, die Maori, haben den Vogel Kiwi nach seinen Lauten so benannt. Dieser flugunfähige Nachtvogel von der Grösse eines Huhns hat einen sehr langen Schnabel und ein haarähnliches Gefieder. Er ist mittlerweile zum nationalen Wahrzeichen Neuseelands geworden.

Die Neuseeländer werden vermutlich seit dem 1. Weltkrieg, als man zunächst ihre Soldaten bei diesem Spitznamen nannte, als Kiwis bezeichnet. Am bekanntesten ist die Bezeichnung Kiwi wahrscheinlich aber für die Kiwi-Frucht. Sie stammt ursprünglich aus China und wurde jahrzehntelang in neuseeländischen Hausgärten als chinesische Stachelbeere angebaut. Als neuseeländische Landwirte jedoch begannen, Exportbestrebungen bezüglich der Frucht zu intensivieren, wurde ihr der Name Kiwi gegeben, unter dem sie weltberühmt geworden ist.

Wellington ist ein „Nadelöhr“ zwischen der Nord- und Südinsel. Die Stadt wird von Hügeln umklammert und wird gerne als „windy City“ bezeichnet. Bei unserer Ankunft präsentiert sich das Stadtbild in einem regnerischen Grau und Nass. Wie in England eben… Dafür machen wir es uns in den zahlreichen Cafés, Bars und Restaurants gemütlich.

Im hypermodernen „Te Papa“-Museum (bedeutet in der Maori-Sprache„unser Platz“) erfahren wir mehr über die Maori-Kultur sowie die britische Kolonialzeit. Wir sind begeistert von der modernen Architektur sowie der interaktiven Präsentation der verschiedenen Themenkreise.

Mit der Wellington-Seilbahn fahren wir in den Botanischen Garten auf dem Stadthügel. Oben angelangt, geniessen wir den schönen Ausblick auf die Hauptstadt von Neuseeland.

Am frühen Morgen verlassen wir Wellington mit der Fähre und durchqueren die Cook-Strasse zur Südinsel. Die dreistündige Fahrt durch die ertrunkenen Flusstäler der Marlborough-Sounds bringt uns zur kleinen Hafenstadt Picton.

Auf unserer Weiterfahrt nach Fox Glacier machen wir einen Zwischenhalt bei den Pancake Rocks: Wind und Wasser haben den Kalkstein so bearbeitet, dass er nun die Form von aufeinander geschichteten Pfannkuchen hat. Tief unten donnert die Brandung. In den Blowholes (Höhlen) brechen sich die Wellen und spritzen meterhoch in die Höhe.

Der kleine Ort „Fox Glacier“ lebt offensichtlich vom Tourismus. Es sind fast ausschliesslich nur Hotels, Restaurants und Tourorganisationen zu sehen. In regelmässigen Abständen fliegen Helikopter die Touristenmassen in Kleingruppen über die Gletscher. Wir wählen die billigere Variante und lassen uns von einem Shuttlebus an den Südfuss des Fox-Glacier fahren. Ein kurze Wanderung, vorbei an kleinen Bächen mit geschmolzenem Gletscherwasser, kargen Steinwegen und grünem Buschwald, bringt uns an den blauen Eisklotz.

Frühmorgens unternehmen wir einen Ausflug zum Lake Matheson, dem anscheinend meist fotografierten See Neuseelands, mit Blick auf den Mt Cook sowie Mt Tasman. Mit 3'764 m ist der Mount Cook der höchste Gipfel des Landes, von dessen Westhängen die mächtigen Eismassen des Fox- und Franz-Josef-Gletschers in ihre Täler hinabfliessen.

An der noch glatten Wasseroberfläche des Lake Matheson spiegelt sich an diesem Morgen die wunderschöne Bergkette. Abgesehen von den Touristenmassen strahlt dieser Ort etwas wunderbares Ruhiges aus. Langsam aber sicher kündigt sich der Herbst an: Nebel zieht in die Täler und das Laub an den Bäumen färbt sich in verschiedenen gelb-rot-braun-Tönen.

In Wanaka, am gleichnamigen See, gönnen wir uns eine Auszeit und geniessen die entspannende Atmosphäre: „wie i de Schwiiz“…

Queenstown ist bekannt für seine Outdoor-Sportarten und andere aussergewöhnliche Aktivitäten wie z. B. Parajumping (Bungeejumping ab Gleitschirm). Beim Sledding auf dem Kawarau River holen auch wir unseren Adrenalin-Kick. Bei sonnigem Wetter geniessen wir anschliessend den aromatischen Tee im "Badehaus" am Lake Wakatipu.

In der "Minus 5 Bar" prosten wir auf den kalten Schweizer Winter, welchen wir verpasst haben. Bei winterlichen Temperaturen sorgt der Vodka für gute Stimmung.

Dunedin wurde 1848 von schottischen Siedlern gegründet und nach ihrem Vorbild von Edinburgh erbaut. Der Stadtname ist die altkeltische Bezeichnung für Edinburgh.

„Britischer als England“, wird übrigens Neuseeland gerne von englischen Touristen bezeichnet (78 % sind britischer Abstammung). Cricket und Rugby sind wie im Mutterland England, die populärsten Sportarten. Wie auch in den anderen Commonwealth-Mitgliedstaaten ist auf den Banknoten das Bild der englischen Königin zu erkennen. Diese Prägung durch englische Werte und Lebensweise wird aber zunehmend durch eine Amerikanisierung, besonders durch entsprechende TV-Sendungen aufgeweicht.

Auf unserem Ausflug zur Otago-Halbinsel begegnen wir gleich vier seltenen Tierarten: Albatrosse sind die grössten Seevögel der Welt. Der Königsalbatross ist der grösste von ihnen. Die Spannweite seiner Flügel kann bis zu 3,3 m betragen. Wir beobachten an diesem windigen Tag einen Königsalbatross bei der Fütterung seines zwei Monate alten Jungen.

Die Neuseeländischen Seelöwen, auch Hooker Sealions genannt, sind die seltenste Art der ihrer Gattung. Sie sind in Neuseeland heimisch. Die Männchen erreichen eine Körperlänge von 3 m und wiegen bis zu 400 kg. Wir halten deshalb lieber einen Sicherheitsabstand zu den brüllenden Löwen. Die massigen Tiere sind im Wasser übrigens hochbeweglich und können über 200 m tief tauchen!

Die Gelbaugen-Pinguine sind die seltenste vorkommende Pinguinart auf der Erde. Tagsüber suchen sie im Meer nach Nahrung. Wir gehen deshalb am späteren Nachmittag an die Küste, wo sie sich zuerst in den Wind zum Trocknen stellen und anschliessend zu ihren Schlafplätzen zurückkehren.

Neuseeland ist stolz auf seine Erfolgsgeschichte bezüglich der Rekolonisierung der Pelzrobben. Denn in den letzten Jahrhunderten wurden die schönen Tiere von europäischen Robbenfängern fast bis zur Ausrottung gejagt. Pelzrobben haben, wie der Name schon sagt, unter den sichtbaren grau-braunen Deckhaaren eine sehr dichte zweite Pelzschicht. An ihrem Lieblingsplatz, den felsigen Stränden in der Nähe ihrer Nahrungsquelle, statten wir ihnen einen Besuch ab. Darunter sehen wir viele Jungtiere, welche in den wassergefüllten Felsbecken herumtollen.

In der Nacht auf den 20. März stellen wir unsere Uhren eine Stunde zurück. Einen halben Erdumfang von Europa entfernt, werden hier die Uhren auf Winterzeit umgestellt. Hier steht eben alles Kopf.

In Kaikoura unternehmen wir eine Kajaktour in die South Bay. Mit Armpower gelangen wir zur Robbenkolonie. Rund um uns herum tummeln sie alle im Wasser.

In Neuseeland gibt es mehr Schafe als Einwohner! Auf die 3,5 Mio. grosse Population kommen 60 Mio. Schafe. Ein Besuch bei Neuseelands allgegenwärtigen vierbeinigen Rasenmähern gehört deshalb zum Pflichtprogramm. Nachdem Hirtenhunde die Schafe zusammengetrieben haben, schauen wir dem Farmer beim Schafscheren zu.

Christchurch wurde Mitte des 19. Jh. von englischen Auswanderern nach dem Vorbild ihrer Heimatstädte erbaut. Strassennamen und Parks, viele Gebäude im Zentrum und nicht zuletzt die Bewohner erinnern an das Leben in „good old England“. Zentraler Platz ist der Cathedral Square, dort steht die neugotische Kathedrale. Täglich treten hier zur Unterhaltung, ähnlich wie beim „Speakers Corner“ im Londoner Hyde Park, originelle Gestalten zum Rednerwettstreit auf.

Nach sechs Wochen ist unsere Reisezeit im Kiwi-Land zu Ende. Wir freuen uns auf die etwas milderen Temperaturen auf dem 5. Kontinent, Australien.

Zum Fotoalbum Neuseeland

Zum nächsten Reisebericht Australien